(29.04.2020) Am heutigen Tag, dem 29. April 2020, hat der Leipziger Stadtrat für ein Hilfsprogramm für Soloselbständige im gewerblichen, freiberuflichen und künstlerischen Bereich entschieden.
Als Anlass des Hilfsprogramm verweist die Vorlage auf folgende Aspekte:
Viele Leipziger Solo-Selbstständige und Einzelunternehmen ohne Mitarbeiter erleiden durch die Corona-Krise gravierende wirtschaftliche Einbrüche. Ihre Geschäftsmodelle funktionieren unter den Bedingungen der Krise nicht oder nur beschränkt.
Insbesondere die Kultur- und Kreativwirtschaft hat wesentlich zu dem besonderen Flair und weltweiten Image der Stadt Leipzig als junge und kreative Stadt beigetragen. Vielfältige Kultur- und Veranstaltungsprogramme machen den Standort attraktiv. Erst im Januar 2020 hat die New York Times Leipzig als eines der "52 Places to Go" gekürt. Dies geschah vor allem aufgrund beliebter Anziehungspunkte wie Galerien, Clubs sowie das lebendige Nachtleben. In dieser nie dagewesenen existenziellen Krise braucht die Branche die Unterstützung der Stadtverwaltung.
Hier geht es direkt zur beschlossenen Vorlage:
Vorlage VII-DS-01126-DS-01 Neufassung - Programm "Leipzig hilft Solo-Selbstständigen" - für gewerblich, freiberuflich und künstlerisch Tätige (Bestätigung außerplanmäßiger Aufwendungen gem. § 79 (1) SächsGemO) (29.04.)
Abstimmungsergebnis: 40 Ja / 25 Nein / 2 Enthaltung
Abstimmung zum Hilfsprogramm für Soloselbstständige in der Stadtratssitzung am 29.04.2020 / Screenshot Live-Stream via leipzig.de/ratsversammlung
Dieser Entscheidung ging einem über Wochen stattfindender intensiver Austausch zwischen den Vertretungen aus der Leipziger Kultur- und Kreativszene (Kreatives Leipzig e.V., Initiative Leipzig + Kultur, Livekommbinat Leipzig e.V.) mit dem Dezernat Kultur und dem Amt für Wirtschaftsförderung voraus.
Wöchentlich haben wir die Bedarfe von Leipziger Soloselbstständigen eingebracht (Wir etablieren gemeinsam einen wöchentlichen Krisenstab Kultur (18.03.)), proaktiv Hilfsangebote, Hilfsgesuche und online stattfindende Veranstaltungen von Kultur- und Kreativschaffenden online präsentiert, (Initiierung und Realisierung des Portals #DASistLeipzig durch die Akteur*innen der Kultur- und Kreativszene in Leipzig (27.03.)), offen kritisch kommuniziert (Offener Brief an Leipziger OBM Burkhard Jung (02.04.)) und konstruktiv an der Erarbeitung des konkreten Hilfsprogramms für das Amt für Wirtschaftsförderung und dem Kulturamt Leipzig mitgewirkt und die Anforderung öffentlich protokolliert.
Wir haben uns als Interessenvertretung der Leipziger Kultur- und Kreativszene in den letzten Wochen solidarisch für alle Leipziger Soloselbstständigen intensiv eingebracht. Mit Erfolg! #MiteinanderFüreinander
Aus der Vorlage:
Da die Mittel nicht für alle Solo-Selbstständigen ausreichen werden, ist eine Auswahl über Kriterien notwendig, die die Betroffenheit und die Hilfsbedürftigkeit beschreiben (siehe unten). Mitnahmeeffekte sollen möglichst vermieden werden.
Dennoch soll ein einfaches Verfahren angeboten werden, um die Antragsteller nicht auf ein sozialhilfeähnliches Verfahren verweisen zu müssen. Die Privatsphäre der Antragsteller und vor allem dessen Angehörige sollen nach Möglichkeit unberührt bleiben. Im Vordergrund steht die unternehmerische Tätigkeit des Antragstellers und es erfolgt – wie bei Zuschussprogrammen des Bundes - keine Abfrage der privaten Vermögenssituation. Auch auf eine Prüfung der Einkommen weiterer Haushaltsangehöriger wird daher bewusst verzichtet.
Aus der Vorlage:
Die Förderung wird zweckgebunden zur Finanzierung des eigenen Unternehmerlohnes (Lebensunterhaltes) mit dem Ziel der Aufrechterhaltung der selbstständigen bzw. freiberuflichen Tätigkeit für den Leistungszeitraum gewährt.
Nach Ziff. 6.4 der Fachförderrichtlinie gehören zu den zuwendungsfähigen Aufwendungen Personal- und Sachkosten, die während des Bewilligungszeitraums zur Erreichung des Zuwendungszwecks unmittelbar erforderlich, geschäftsüblich und unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit angemessen sind.
In Abweichung der Rahmenrichtlinie (Ziffer 6.4.1) können nicht nur Kosten des Lebensunterhaltes gefördert werden, die nach Antragstellung entstehen. Ausnahmsweise können bereits Kosten anerkannt werden, die zeitlich bereits nach der Veröffentlichung des Programmes entstanden sind. Nach Ziff. 6.4 der Fachförderrichtlinie gehören zu den zuwendungsfähigen Aufwendungen Personal- und Sachkosten, die während des Bewilligungszeitraums zur Erreichung des Zuwendungszwecks unmittelbar erforderlich, geschäftsüblich und unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit angemessen sind. Für Zwecke dieses Programms gelten als Personalkosten auch der Unternehmerlohn des Solo-Selbstständigen oder ähnliche Zahlungen des Kleinstunternehmers an seinen Alleingeschäftsführer / Gesellschafter.
Aus der Vorlage:
Die Antragsteller müssen sich vorab entscheiden, welche staatliche Hilfen sie im Leistungszeitraum in Anspruch nehmen. Auf Arbeitslosengeld sind Leistungen nach diesem Programm „Leipzig hilft Solo-Selbstständigen“ anzurechnen. Denn: beide Hilfen verfolgen das gleiche Ziel, den Lebensunterhalt zu sichern.
Die Antragsteller müssen daher bestätigen,
- dass sie für die Projektlaufzeit nicht gleichzeitig folgende staatliche Leistungen beantragt haben oder beantragen werden und falls doch, hierüber informieren: Arbeitslosengeld I, Arbeitslosengeld II
- sie versucht haben, ihre betriebliche Liquidität durch betriebsinterne ergebniswirksame Maßnahmen zu verbessern (Kostensenkung, andere Umsatzquellen), jeweils anwendbare Zuschussprogramme des Bundes und des Freistaates Sachsen zur Abmilderung der Folgen der Corona-Krise zu verbessern, insbesondere: Corona-Soforthilfe Bund, Schutzschirm des Freistaates Sachsens für Vereine und Institutionen in den Bereichen Soziales, Sport, Kultur, Umwelt und Landwirtschaft (Ankündigung der Staatskanzlei vom 07.04.2020).
Dazu ergänzend aus der Vorlage:
Bis zum 30.06.2020 hat die Bundesregierung ein „Soziales Schutzpaket“ erlassen. Erbrachte Soforthilfen im Sinne zweckbestimmter Einnahmen sind demnach nicht als Einkommen auf Leistungen nach dem SGB II zu berücksichtigen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Soforthilfen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck (bspw. als Sachausgaben) erbracht werden, der sich von dem der Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung des Lebensunterhaltes (z. B. Nahrung, Wohnung) unterscheidet. Nicht angerechnet werden daher Zuschussprogramme, die als Zweckbestimmung die betriebliche Verwendung anordnen, wie z. B. Corona-Soforthilfe des Bundes.
Die Wirtschaftsminister der Bundesländer übergaben am 21.04.2020 an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ein Schreiben mit der Forderung eine Corona-Pauschalhilfe für Soloselbständige aufzulegen. Inhalt war ebenso ein „Optionsmodell“. Entsprechend diesem Vorschlag sollten Soloselbstständige wählen können, ob sie zur Sicherung ihres Unternehmerlohnes und Lebenshaltungskosten das Soforthilfeprogramm des Bundes oder die Grundsicherung nutzen wollen. Eine erste Reaktion des Bundes auf Ebene eines Staatssekretärs des BMWi ist verhalten; er verwies auf Übernahme von Unternehmerlohn durch einzelne Bundesländern. Man wolle das Entstehen eines Flickenteppichs vermeiden
Leipzig nimmt mit der Hilfe für Soloselbstständige, ähnlich wie beim Programm „Leipzig hilft Auszubildenden“, auf kommunaler Ebene eine Vorreiterrolle ein. Sollte der Bund oder das Land zwischenzeitlich eigene Zuschussprogramme auflegen, mit ähnlichen Förderzielen bzw. die die Kompensation von Unternehmerlohn beinhalten, ist der Oberbürgermeister berechtigt, das Programm “Leipzig hilft Soloselbständigen“ einzustellen
Aus der Vorlage:
Die Förderung kann mit Bundes- oder Landesprogrammen für aus Anlass der Corona-Krise eingetretene Liquiditätsengpässe kombiniert werden, nicht jedoch, wenn sie sich auf Unternehmerlohn und private Kosten der Lebenshaltung richten.
Eine Kombination mit betrieblicher Förderung ist sogar erwünscht, wenn sie positiv auf das Betriebsergebnis wirkt und die betriebliche Liquidität der Antragsteller erhöht. Damit sinkt ihre Hilfebedürftigkeit. Der Antragsteller ist daher verpflichtet, die anwendbaren Zuschussprogramme des Bundes und des Landes, derzeit Corona-Soforthilfe, vorrangig in Anspruch zu nehmen.
Aus der Vorlage:
Vorbereitende Maßnahmen werden unverzüglich eingeleitet, insbesondere die Prozesse entwickelt und die Digitalisierung umgesetzt. Das Amt für Wirtschaftsförderung strebt eine effiziente elektronische Abwicklung der ggf. hohen Fallzahlen an. Dazu ist eine IT-Entwicklung und Ausstattung erforderlich. Eine Auszahlung kann binnen 10 Arbeitstagen nach abschließender Bestätigung der Vorlage erfolgen.
Stellt sich im kommenden Jahr heraus, dass die negative Umsatzprognose nicht zutraf, oder ein Leistungsbezug nach SGB I und II bestand, entsteht ein Rückforderungsanspruch für die Stadt Leipzig. Eine Nachprüfung erfolgt über stichprobenhaften Vergleich und Nachweise, z. B. der Steuerbescheide 2019, 2020 oder über eine Abfrage beim Jobcenter.
Aus der Vorlage:
Am Antrag ist eine Erklärung zur Prognose und deren kurze Plausibilisierung ausreichend.
Stellt sich im kommenden Jahr heraus, dass die negative Umsatzprognose nicht zutraf, oder ein Leistungsbezug nach SGB I und II bestand, entsteht ein Rückforderungsanspruch für die Stadt Leipzig. Eine Nachprüfung erfolgt über stichprobenhaften Vergleich und Nachweise, z. B. der Steuerbescheide 2019, 2020 oder über eine Abfrage beim Jobcenter.
Eine Einschätzung ist aus aktueller Sicht nicht möglich, da dies erst nach Einsicht in den eigentliche Hilfsprogramm-Antrag erfolgen kann.
+++
Antragsberechtigt:
Soloselbständige im gewerblichen, freiberuflichen und künstlerischen Bereich
Fördervoraussetzungen:
Förderhöhe:
Förderung:
Antragsfrist:
Hier geht es zur Beantragung:
+++
Links:
7 Comments
Super! Danke für eure Bemühungen.
Vielen Dank für Eure Bemühungen!! Ich bin mir sicher, das hilft einigen.
Allerdings frage ich mich bei dem Punkt: "mindestens 20% weniger Umsatz als beim Jahresumsatz des Vorjahres" - das ist dann doch eine nicht ganz so
schöne Bedingung, wenn man also 2019 ein schlechtes Jahr hatte, mit dem man gerade eben so durchkam (und evtl. mit Grundsicherung 'mehr' gehabt hätte, es aber nicht beantragt hat) hat man jetzt "Pech", wenn man nicht NOCH weniger in diesem Jahr verdient?
Mh. Aber so werden sicherlich gleich einige Leute herausgefiltert... aber schade, dass es an so eine Bedingung geknüpft wurde.
Das klingt im ersten Moment gut. Doch liest man sich die Bedingungen genau durch, stellt man schnell fest das es für die momentane Situation keine erwartete Hilfe darstellt. Abgedeckt werden sollen die privaten Verluste durch Corona. Da viele Soloselbstständige aber eh schon ALG2 beantragt haben, da diese finanziell Totalausfälle durch die Allgemeinverfügung haben, bringt das hier leider nix, da es zu 100% auf das ALG2 angerechnet wird. Sinnvoller wäre hier eine Einmalzahlung, wie vom Bund, von dieser Summe für geschäftliche Ausgaben, denn viele besitzen ein Geschäft und müssen trotz der Krise weiterhin 100% Miete bezahlen... Für einige ist momentan auch keine Öffnung in Sicht, sodaß das Geld hier wesentlich dringender benötigt wird. Hiermit werden unter anderem wieder die Reichen gefördert, die keinen Anspruch auf ALG2 haben, da sie zu viel Vermögen besitzen.
Fazit: Gut gedacht, schlecht gemacht!
Vielen Dank, dass Ihr Euch dafür eingesetzt habt! Schön, wenn es einigen zumindest helfen kann.
Jedoch finde ich es etwas seltsam - hat man z.B. letztes Jahr ein schlechtes Jahr gehabt - evtl. sogar unter Grundsicherungsniveau - aber dennoch kein ALG II beantragt - und jetzt bisher vielleicht im Jahr etwas mehr verdient - dann hat man die 20% "Rückgang" nicht und fällt durchs Raster - obwohl man immernoch sehr wenig verdient.
Schade, dass es an so eine Bedingung geknüpft wurde... aber irgendwie muss man natürlich auch aussieben, wenn man eigentlich nur ca. 2500 Menschen unterstüzten kann damit... .
wo kann man es beantragen?
Dies wird wohl online möglich sein. Sobald wir eine Information haben, veröffentlichen wir diese. Viele Grüße, Maria
"Da die Mittel nicht für alle Solo-Selbstständigen ausreichen werden, ist eine Auswahl über Kriterien notwendig, die die Betroffenheit und die Hilfsbedürftigkeit beschreiben." Damit wurde erreicht, dass 2 genau gleich unternehmerisch freiberuflich tätige Selbständige gegeneinander ausgespielt werden. Einer bekommt den Zuschuss, der andere nicht. Wer schon mal kurz vor einem Burn-out stand und die viele Arbeit eines Selbständigen allein nicht mehr bewerkstelligen konnte, sich als Entlastung einen Minijobber angestellt hat (das darf man als KSK Mitglied sogar), bekommt keinen Zuschuss. Er macht aber die genau gleiche Arbeit, lebt und arbeitet in Leipzig, ist auch in der KSK als Künstler gemeldet, macht den gleichen Umsatz und zahlt ähnlich hohe Steuern. Für mich persönlich hat mir die Stadt Leipzig eine schallende Ohrfeige verpasst: -Nein, du gehörst nicht dazu, Dir sagen wir nicht Danke, dass du als Kreativer seit 12 Jahren in Leipzig arbeitest, Steuern zahlst, deinen Beitrag leistest. Du hast unverschuldet wirtschaftliche Einbußen? Tut uns leid, Pech gehabt. Wir helfen ein wenig, aber du fällst halt durch das Raster, für Gerechtigkeit können wir nicht sorgen. Andere Haushalte bekommen jetzt mit 2 Selbständigen 4000 Euro, du bekommst leider nichts-. Für mich persönlich wirkt die Absage, die ich gestern vom Amt erfahren habe, dass ich keinen Zuschuss erhalten werde, wie ein Schlag ins Gesicht. Dieses Programm hilft einigen und einige bestraft es zusätzlich zur wirtschaftlich schwierigen Lage, indem es einen ausgrenzt. Ich bin derart tief enttäuscht über diese Ungleichbehandlung, weil ich beim Antrag an einer einzigen Stelle keinen Haken setzen kann, dass ich am liebsten eine Weile alles hinschmeißen möchte.